Haushaltsrede SPD-Fraktion Lorch 19. Januar 2023

Veröffentlicht am 24.01.2023 in Fraktion
 

Der Haushalt der Stadt Lorch für das Jahr 2023 hat eine Sonnenseite: aufgrund des positiven Jahresabschlusses 2020 und der vorläufigen Hochrechnung für 2022 sind wir völlig schuldenfrei und müssen keine Kredite aufnehmen. Ein Traumergebnis, um das uns die meisten Gemeinden im Land sicherlich beneiden. 

Und die Schattenseite: wir sind auch deshalb schuldenfrei, weil geplante Baumaßnahmen noch nicht begonnen werden konnten, weil keine Kapazitäten im Bauamt oder in Planungsfirmen vorhanden sind. Zudem werden in den nächsten Jahren enorme Summen - mehrere Millionen Euro - für unaufschiebbare Reparatur- und Erneuerungsmaß-nahmen für die Kläranlage, Brücken und Kanäle aufgewendet werden müssen, was nur mit einer hohen Kreditaufnahme 2024 und 2025 bewältigt werden kann.

Schwierige und schwer berechenbare Rahmenbedingungen, die Folgen der Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, Energieknappheit und -verteuerung sowie die hohe Inflation erschweren eindeutige Prognosen und lassen wenig Spielraum für wünschenswerte Projekte.

In Absprache mit den anderen Fraktionen verzichten wir auf die Auflistung der Leistungen des vergangenen Jahres - da wäre einiges zu nennen - das kann man ja alles in der Rede unserer Bürgermeisterin auf der neuen Homepage der Stadt nachlesen. Wir wollen jedoch nicht darauf verzichten, Themen und Probleme, die für unsere Fraktion von Bedeutung sind, anzusprechen. 

Umwelt- und Klimaschutz als vorrangiges Thema:

Im Vorjahr hatte die SPD-Fraktion die Aufstellung eines kommunalen Wärmeplanes gefordert, eine der Voraussetzungen für die Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2040. Dies wurde mit dem Beitritt zum Wärmeplankonzept von Prof. Schirle (vom Land gefördert und überwiegend finanziert) beschlossen. Auch Schritte weg von fossilen Energien zu CO2-neutralen Energie-formen wurden gemacht oder geplant: Nutzung der Klärgase zur Stromerzeugung in der Kläranlage, Wärmepumpe und Photovoltaik beim Kita-Neubau und die Einrichtung von E-Lade-stationen am Bahnhof Lorch. Die politischen Ereignisse 2022 haben uns jedoch drastisch vor Augen geführt, dass dies noch lange nicht genug ist. E-Ladestationen z.B. können dazu beitragen, den Verbrauch fossiler Energien zu reduzieren, aber nur dann, wenn der „getankte“ Strom auch ohne CO2-Emissionen produziert wird. Unsere Anregungen, über den Parkplätzen oder am Busbahnhof mit Photovoltaik „grünen Strom“ zu produzieren, wurden mit dem Verweis auf die Kosten nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Die Kalkulation würde heute, bei ver-doppelten Stromkosten und drohender Energieknappheit wohl anders aussehen. 

Antrag 1: Wir fordern die Stadtverwaltung auf, eine Auflistung der städtischen Gebäude, die für Photovoltaikanlagen geeignet sind, zu erstellen. Wir erwarten von der Verwaltung Vorschläge und Konzepte für die praktische Umsetzung der Energiewende in Lorch. Ein Mitarbeiter sollte entweder bei der Stellenausschreibung oder durch Fortbildungen zum Ansprechpartner im Klimamanagement qualifiziert werden, um diese zukunftsweisenden Themen engagiert und kompetent anzugehen. 

Nachhaltige Mobilität - Klimaschutz für Morgen:  

Die Mobilität in der „Stadt für Morgen“ muss nach einer Untersuchung des Umweltbundesamtes so modelliert werden, dass durch die Nutzung von Fußwegen, Radverkehr und die Qualität des (ÖPNV) ein Effekt für die Umwelt entsteht.Auch wenn Lorch durch die Topographie dafür kein einfaches Pflaster ist, können wir durch die Verbesserung der Rad- und Fußwege einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. 

Für eine Familie ist es kaum möglich mit Kindern in die Maierhofstraße, unserem Zentrum für ärztliche Versorgung und Einkauf, mit dem Fahrrad zu fahren oder zu Fuß zu gehen. 

Wir fordern deshalb verbesserte Rad- und Gehwege, eine Querungshilfe in der Maierhofstraße, und eine vernünftige Anbindung mit dem Stadtbus. 

Auch das Thema „sozialer Bürgerfahrdienst“ muss weiter aktiv verfolgt werden. Die statt-gefundenen Gespräche müssen wieder aufgenommen und das erarbeitete Konzept muss zeitnah in einer Veranstaltung der Bevölkerung vorgestellt werden. Ohne deren solidarisches Engagement im Ehrenamt, so wie bisher im Forum 58+, kann diese nützliche und sinnvolle Aufgabe nicht umgesetzt werden. 

Bildung und Betreuung - Kindertageseinrichtungen:

Das Kita-Qualitäts-Gesetz, das zum 1.1.23 in Kraft trat, setzt einen besonderen Schwerpunkt auf ein bedarfsgerechtes Angebot, was hier in Lorch vor allem die Ganztagesbetreuung betrifft.

Familien - und ganz besonders Frauen - sind auf flexible Angebote in der Kinderbetreuung angewiesen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann nur gelingen, wenn entsprechende Angebote vorliegen und nicht abgeschafft werden, um Personalstellen zu sparen.

Auch die sprachliche Bildung, der Betreuungsschlüssel und die Fachkräftegewinnung (auch über Eingruppierung/Bezahlung) muss gewährleistet werden.

Eine mit allen Trägern abgesprochene zukunftsorientierte Gesamtkonzeption ist Voraussetzung, damit nicht, wie in den letzten Jahren, immer wieder teure Provisorien bereitgestellt werden müssen. 

Grundschule:

Die Renovierungsarbeiten in der Grundschule (Dachsanierung, Stromleitungen, WLan) sind im Gange, doch es fehlen Räume für die Ganztagesbetreuung bei 299 Schülerinnen und Schülern (ohne die ukrainischen Kinder). Es gibt einen Aufnahmestopp für die Ganztagesbetreuung bei 73 Plätzen, obwohl mehr als 80 Eltern den Bedarf angemeldet haben. Für die dringend benötigte Mensa ist die Planung in Auftrag gegeben und soll in Kürze im Gemeinderat vorgestellt werden. Doch auch nach der Auslagerung der Mensa ist es fraglich, ob die vorhandenen Räume in der Grundschule ausreichen, angesichts der Tatsache, dass ein Raum für die Vorbereitungs-klasse (Sprachunterricht) benötigt wird und Räume, die für die Ganztagesbetreuung als Spielzimmer genutzt werden, unbedingt in dieser Funktion erhalten bleiben müssen, wie dies im Qualitätsrahmen für die Ganztagesschule festgelegt ist. Da die Grundschule Lorch bei den aktuellen Schülerzahlen an der Grenze zur Vierzügigkeit steht, und ab 2026 ein Rechtsanspruch der Eltern auf Ganztagesbetreuung besteht, muss die Stadtverwaltung heute schon Über-legungen anstellen, wie die dann notwendigen Räume geschaffen werden können

Schon mehrmals hat der Stadtjugendreferent auf den Bedarf für Schulsozialarbeit an der Grundschule hingewiesen. Dafür liegt von der Schulleitung ein Antrag mit Konzept vor.

Antrag 2: Die SPD-Fraktion beantragt, 25 000 € im Haushalt 2023 für eine Sozialpädagogen-Stelle im kommenden Schuljahr einzustellen. (Finanzierungsvorschlag: Reduzierung des HH-Ergebnisses von 435.350 € auf 410.350 €)

Innenstadtentwicklung und Belebung des Oria Platzes:

Wir fordern eine offene Kommunikation zur Belebung des Oria-Platzes mit Vereinen, Kirchen und sonstigen Organisationen. In den Bürgerbefragungen zu „Lorch 2035“ war dies eine der meistge-nannten Forderungen unserer Bürger. Wie können wir das erreichen?

Hier müssen alle Interessierten eingeladen werden und in einem Workshop die verschiedenen Möglichkeiten für Veranstaltungen aufgezeigt werden. (Wie kann die Stadt unterstützen?

z.B durch Infrastruktur für Veranstaltungen, Spülmobil etc.)

Sobald die Ergebnisse der Aalener Firma Immakomm Akademie zur Belebung der Innenstadt vorliegen, muss die Verwaltung auf die örtlichen Vereine, auf Geschäftsinhaber und Ehrenamtliche zugehen. Aus unserer Sicht kann eine Belebung der Innenstadt nur dadurch erreicht werden, dass Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und für Hobbys in der Stadt vorhanden sind. Diese Eckpunkte müssen mit Immakomm schnellstmöglich abgestimmt werden, um Leben auf den Platz im Zentrum der Stadt zu bringen. 

Dorfhaus Waldhausen:

Seit Jahren beschäftigt uns das Dorfhaus in unserem städtischen Haushalt, da schon lange der Missstand der fehlenden Barrierefreiheit bekannt war und behoben werden muss. Nun kommt seit einem Vierteljahr noch die Erkenntnis hinzu, dass es bei Veranstaltungen im OG keinen zweiten Rettungsweg aus dem großen Saal gibt und deshalb keinerlei Versammlungen und Treffen mit mehr als 30 Personen im OG erlaubt sind. 

Bereits 2016 wurden seitens der Stadt Vorschläge zur Abhilfe gemacht, welche aus unerfind-lichen Gründen wieder in den Schubladen versenkt worden sind, obwohl seinerzeit bereits Geldmittel in mehreren Haushaltsentwürfen eingestellt waren. Die Stadt muss hier das Signal ausgeben, dass es sich beim Dorfhaus Waldhausen um einen wichtigen und zentralen Treffpunkt aller Waldhäuser Vereine handelt und dieser so schnell und unbürokratisch wie möglich seine volle Funktionalität erhält. Es wäre schön, wenn dafür Landeszuschüsse aus dem LSP-Programm fließen würden, aber auch ohne Zuschüsse darf diese Baumaßnahme nicht länger aufgeschoben werden.

Antrag 3: Wir fordern die Verwaltung auf, noch im ersten Halbjahr 2023 Pläne für einen barrierefreien Zugang und einen zweiten Fluchtweg zu erstellen, damit noch in diesem Jahr die Maßnahme in Angriff genommen werden kann. (Finanzierung durch die bereits 2022 in den Haushalt eingestellten 250 000 €). 

Spielplatzerneuerung:

2022 wurde die Neuanlage eines Spielplatzes im Teilort Weitmars angepackt: hier entsteht ein toller Spielplatz für mehrere Altersklassen unweit des neuen Baugebiets Grabenäcker, der sich gut in die Landschaft einfügt und sicher nach der Fertigstellung viele Kinder und Erwachsene aus Weitmars aber auch den anderen Teilorten und der Kernstadt anlocken wird.

Die Stadtverwaltung wird auch im Jahr 2023 damit beauftragt, in Zusammenarbeit mit einem Arbeitskreis aus den Reihen des Gemeinderats, sukzessive die Spielplätze zu überplanen und auf den neusten Stand zu bringen, damit ansprechende Aufenthaltsorte für Kinder mit ihren Begleitpersonen geschaffen werden.

Zusätzlich sollte zur noch besseren Nutzung des Spielplatzes in den Remswiesen beim Bürger-haus die Fläche vergrößert und um Spielgeräte für jüngere Altersgruppen ergänzt werden. Dies würde sicherlich auch die Attraktivität der benachbarten Außengastronomie deutlich erhöhen.

Wohnhaus für sozial Bedürftige:
Wir bedanken uns bei der Stadtverwaltung, dass die Planung für den Bau eines Wohnhauses für Sozialbedürftige im Steintobel, auf Antrag unserer Fraktion, noch im Jahr 2022 begonnen wurden und die notwendigen Gelder in diesem und im nächsten Haushaltsjahr im Haushalt eingestellt sind.
 (2023 700 000 € und 2024 900 000 €)

Wir sind gespannt auf den Planentwurf für das Gebäude und die Umgebung und hoffen, dass   die Entscheidung im Gemeinderat und die Ausschreibungen zügig durchgeführt werden und      im 2. Halbjahr mit dem Bau begonnen werden kann.


Kreisverkehr Wilhelmstraße/Kellerberg:

Für den Kreisverkehr sind für 2024 und 2025 ca. 2,2 Mill. Euro im Haushalt vorgesehen. Da die Planungen schon mehrere Jahre zurückliegen, ist zu erwarten, dass die Kosten inzwischen noch deutlich höher liegen. Die Stadtkämmerei prognostiziert hohe Haushaltsdefizite für 2024/2025, wobei dringend notwendige Baumaßnahmen (z.B. Bauhof, Maierhofstraße, Grundschule) überhaupt noch nicht im Haushalt aufgenommen sind. Aus diesem Grund kann sich die Stadt Lorch dieses Bauvorhaben nicht leisten, ohne andere vordringliche Dinge zu vernachlässigen. Auch wenn es uns nicht leichtfällt, sprechen wir uns deshalb dafür aus, 2023 keinen erneuten Förderantrag für den Kreisverkehr zu stellen. 

Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt 2023 der Stadt Lorch mit 

den Änderungs-vorschlägen und Anträgen unserer Fraktion zu.

Dank: Wir bedanken uns bei der Verwaltung und allen Beschäftigten, namentlich unserer Kämmerin Frau Wollmann, die sich in kurzer Zeit in das komplexe Thema eingearbeitet hat, für ihren Einsatz und die konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Einen besonderen Dank und unsere höchste Anerkennung wollen wir den Menschen unserer Stadt aussprechen, die sich im Ehrenamt für ihre Heimatstadt und ihre Mitmenschen einsetzen, sei es im Sozial-bereich, der Feuerwehr und dem Roten Kreuz, in der Dorfladen-Genossenschaft, im Kulturbe-reich oder im Sport. Sie leisten einen unschätzbaren Beitrag für eine lebendige lebenswerte Stadt.                Diesen Dank verbinden wir mit der Hoffnung und der Bitte, dass unsere Bürgermeisterin im nächsten Jahr eine Veranstaltung plant (Neujahrsempfang mit Ehrungsabend in Zusammenarbeit mit den Vereins-verbänden), wo ehrenamtlich Tätige öffentlich geehrt und ihre Verdienste gewürdigt werden. 

 

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